Drake the Lake und Drake the Shake

Wir haben’s geschafft!

Nach vier Tagen und Nächten liegt die Drake Passage hinter uns, gut 530 Seemeilen im Kielwasser. Sie hat uns gnädig empfangen, diese berüchtigte Ozeanpassage zwischen Pazifik und Atlantik, sich mit blauem Himmel und Sonnenschein mal von der sanften und harmlosen Seite präsentiert, aber zeitweise auch mal die Krallen ausgefahren und uns für einen Tag und eine Nacht spüren lassen, dass es hier so richtig ungemütlich werden kann.

Wenn man draußen am Ruder steht, dick vermummt, schwere, bewegte See und eine hohe Dünung, knapp 40 Knoten Wind im Gesicht, Regen und immer wieder eine ordentliche Salzwasserdusche über einen prasselt … gleichzeitig aber auch ein tolles Gefühl, dann allein am Ruder zu stehen, die Selma unter voller Besegelung (Klüver, Groß und Besan) unter den Händen zu spüren, sie laufen zu lassen in die wilden Wellen, die den Horizont immer wieder verbergen, hinaus in den weiten Ozean, nach Süden, hinein in die Nacht. Fast so, als ob sie wissen würde wo wir hinwollen, findet die Selma ihren Weg von allein.

Tag 1

Wir sind bei Sonnenschein gestartet, haben das berühmte Kap Horn knapp 16 Seemeilen an Steuerbord liegen und dann im Kielwasser hinter uns gelassen. Albatrosse tauchten immer wieder auf und umkreisten einen Moment das Schiff. So elegant und mühelos glitten sie über die Wellenberge und -Täler – ein Traum vom Fliegen und Freude, ihnen dabei zuzusehen. Aus dem anfangs blauen Himmel begann es irgendwann zu nieseln, das Wetter schlug um, ebenso wie der Zustand von einem der Crew, welcher die Passage seekrank in der Koje verbrachte. Der Rest erwies sich als seefest.

Der Wetterumschwung brachte glücklicherweise auch ordentlich Wind. Wir änderten den Kurs von 180 auf 140 Grad und nahmen Kurs auf die Shetlands.

Tag 2

Der Mittwoch war ungemütlich, nach vier Stunden Wache war jeder froh, wieder ins warme zu kriechen, einen heissen Tee, Kaffee oder eine warme Suppe in der Hand. Dank der unermüdlichen Aufmerksamkeit vor allem von Piotr, unserem Skipper, Wojtek, Ewa und dem jeweiligen Galley-Team ist dafür jedoch stets gesorgt.

In der Nacht zum Donnerstag blieb es rau, in der Koje war es zwar wärmer und trocken, aber nicht unbedingt gemütlicher als am Ruder. Besonders im Vorschiff unmittelbar den Schiffsbewegungen ausgeliefert, rollte und hüpfte man mit der Selma auf, in und über die Wellen, während es ordentlich rumpelte, wenn der Bug in eine Welle krachte oder eine mächtige Welle übers Deck schlug. An Schlaf war nicht wirklich zu denken. Gegen Mitternacht überschritten wir die Antarktische Konvergenz und es wurde draußen und auch im Boot merklich kälter.

Tag 3

Der Donnerstag brachte Sonnen und bissige Kälte, leider aber auch nachlassenden Wind, so dass wir am Nachmittag bei nur noch 12 Knoten leider den Motor zur Unterstützung nehmen mussten … das hätten wir in der Drake Passage nun wirklich nicht erwartet.

Zum Trost gab es aus unseren Porridge-Resten vom Frühstück der letzen zwei Tage den Versuch eines Blechkuchens – wir tauften ihn kurzerhand Drake-Cake.

Am Abend sichteten wir auf 60.44 S 062.33 W den ersten Eisberg am Horizont. Ab jetzt hieß es also Ausschau halten.

Tag 4

Die letzte Etappe am Freitag, mal unter Segeln, nach Abflauen des Windes leider wieder auch unter Zuhilfenahme des Motors beschert uns die ersten Vorboten der Antarktis: wir sichten die ersten Wale – dem Blas kurz vor der Selma folgt wenig später der zugehörige Finnwal unmittelbar neben dem Schiff, wo er dann abtaucht. Immer wieder springen Pinguine neben uns aus und wieder ins Wasser, einzelne Robben folgen. Es wird neblig, immer mehr Eisberge und auch kleinere Growler kreuzen unsren Kurs. Und irgendwann taucht schemenhaft die erste Landmasse der Antarktis wie ein Schatten aus dem Nebel auf. Zunächst nur ein kleiner Felsen, watchkeeper genannt, dann Heywood und Table Island, mehr Felsen als Inseln … und dann segeln wir zwischen Robert und Greenwich Island in die Bransfield Strait.

Nun sind wir angekommen in der Antarktis!

Viel mehr als einen schmalen Küstenstreifen, dunkle Felsen, Schnee und Gletscherkanten können wir im Dunst noch nicht erhaschen. Doch dies wird sich in den kommenden Tagen sicher ändern!

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