Wir wurden beschenkt mit zahlreichen Tierbegegnungen, die unvergesslich bleiben werden.
Den Albatrossen und Sturmvögeln der Drake Passage folgten die Pinguine. Auch diese verdienen eigentlich ein ganz eigenes Kapitel. Ich hätte es – zumindest für mich – nicht für möglich gehalten, aber man verliebt sich auf der Stelle Hals über Kopf in diese Geschöpfe. In ihre unfreiwillig komische Art, ihre Neugier, ihre manchmal tollpatschig wirkenden Bewegungen an Land, ihre Pfeilschnelligkeit im Wasser. Wir trafen Adelie, Gentoo und Chinstrap Pinguine, hatten das Glück, jeweils Zeit in deren Kolonien verbringen zu können, sie in Ruhe zu beobachten. Das kann man stundenlang tun – es wird nie langweilig. Ihre Kommunikation, ihre Gruppendynamik, hungrige Küken, die ihren genervten Eltern hinterher eilen. Wir fanden sie draußen auf See, beim Schwimmen wie Torpedos immer wieder aus dem Wasser schiessend, in Gruppen oder manchmal auch ganz allein auf großer Fahrt auf einer Eisscholle vorbei treibend. So auch zwei junge Kaiserpinguine, die Kolonie blieb uns ja leider verwehrt.
Oft begegneten wir Skuas, Raubmöwen, die sich der Beute wegen (Pinguinküken) bevorzugt in der Nähe von Kolonien aufhalten. Die ihrerseits die eigenen Küken vehement verteidigen und Eindringlinge wie uns, die versehentlich den Nestern am Boden mal zu nahe kommen, durch deutliche Signale – lautes Geschrei und auch zielgerichtetes Anfliegen – klar zum Rückzug auffordern.
Wir trafen Robben aller Art, manchmal elegant schwimmend im Wasser, öfter faul auf einer Eisscholle liegend und dösend oder an Land. Wir sind – ganz Antarktis Anfänger – anfangs fast über zahlreiche am Strand schlafende Pelzrobben gestolpert (mittlerweile haben wir ein geübtes Auge dafür, was ein harmloser Stein und was eine schlafende Robbe ist). Wir haben ein schlafendes Seeelefanten Pärchen beim Kuscheln entdeckt und in die kugelrunden, riesigen, schwarzen Kulleraugen der Weddellrobben geblickt, die gern mal gelangweilt, mal neugierig schauen, wer da so kommt, kurz den Kopf heben, um sich dann aber sofort beruhigt wieder mit der Flosse irgendwo zu kratzen.
Und wir haben den König der antarktischen Nahrungskette (neben den Orcas) kennengelernt: den Seeleoparden (oder Leopardenrobbe). Groß, schlank, stromlinienförmig oft solo auf dem Eis liegend, sehen sie mit ihrem lächelnden Gesicht eigentlich freundlich aus. Im Wasser aber werden sie zum gnadenlosen Beutejäger und gehen dabei nicht gerade zimperlich mit ihrem Lieblingsfutter Pinguin um. Diese werden an den Füßen geschnappt und dann so lange immer wieder herumgewirbelt und auf die Wasseroberfläche (wahlweise auch an einen Eisberg) aufgeschlagen, bis sie nach geraumer Zeit entbalgt (federlos) und somit zum Verzehr bereit sind. Das war ein wirklich beeindruckendes Schauspiel.
Und wir trafen natürlich Wale! Angekündigt in der Regel durch einen lauten Ruf „Wal!“ von der Ruderwache am Steuerrad. Und wer noch nicht sowieso schon an Deck war, der kroch rasch aus dem Ruderhaus oder dem Salon. Die Wale zogen an uns vorbei, mal in weiter Ferne, mal ganz nah am Boot. Mal allein, oft zu zweit oder in kleinen Gruppen von drei bis vier Tieren. Meist waren es Buckelwale. Schön, wie sie sanft und ruhig durchs Wasser ziehen, wunderschön, ihre Fluken beim Abtauchen zu sehen. Viel beeindruckender jedoch, ihre Geräusche zu hören, das Schnaufen beim Blas, das Pfeifen beim Atmen. Laut und kraftvoll. Erst recht, wenn sie in Gruppen unterwegs waren. Gänsehautgefühl und Ehrfurcht. So auch bei den Begegnungen mit Orcas. In Gruppen unterwegs, zunächst oft nur das riesige Schwert der Finnen zu sehen, aus der Nähe dann die grau glänzenden Körper, die elegant durchs Wasser pflügen. In diesen Momenten war es ganz still an Deck, alle starrten gebannt aufs Wasser und nur das Ausatmen der Tiere war zu hören. Keiner bewegte sich oder verließ das Schauspiel, bevor nicht die letzte Finne wieder abgetaucht war.
Vielfältig und wunderschön ist die hiesige Tierwelt. Und auch die Grundlage all dieses reichen Lebens haben wir gesehen: den Krill. Wenn dieser in Schwärmen durchs Wasser zieht, kräuselt sich die Oberfläche, Ein wenig, als würde das Meer kochen. Sprudelnd und voller Leben.
Und damit schließt sich der Kreis. So wie sich der Kreis unserer Umrundung im Weddell Meer geschlossen hat.
Wir sind dankbar, dies erleben zu dürfen. Nun sind wir bereit für die andere Seite der Antarktischen Halbinsel, in der uns – zumindest teilweise – eine ganz neue Welt, eine ganz andere Seite der Antarktis erwartet.