Umrundung

„This is no holiday, this is an expedition!“

Augenzwinkernd oft, manchmal spaßeshalber und ab und zu sich dem Leben an Deck mit allem was dazugehört einfach hingebend, wird dieser Satz mehrmals täglich gesagt.

Und deswegen sitze ich jetzt hier, frühmorgens um 4:00 Uhr, müde und fröstelnd als Ankerwache.

Wäre es Urlaub, hätte es spätestens nach 4h Wache an Deck gestern Abend, nach Steuern und Eis wegschieben mit der langen Eisenstange, eine heiße Dusche gegeben und dann 9-10 Stunden Schlaf. Es ist aber eine Expedition…

Diese hat uns gestern so tief ins Weddell Meer gebracht hat, wie wir niemals gedacht hätten, wie es oft auch gar nicht möglich ist, denn meistens ist hier selbst im Sommer dickes Eis und kein Durchkommen für ein kleines Segelboot. Aber in diesem Jahr gibt es Bedingungen, die das möglich machen und unser Skipperteam ist neugierig und risikofreudig und wir Crew folgen ihnen voller Vertrauen und Entdeckerlust.

Wenn wir manchmal mit nur einem Knoten Fahrt durch dicke Schollen und große Eisberge einen Weg suchen, wissen wir nicht, ob es weitergeht oder wir in einer Sackgasse landen. Die weiße Masse bewegt sich ja außerdem in Wind und Strömung, schiebt Wege auf und zu. Doch Optimismus und ein großer Erfahrungsschatz vom Skipper (er hält mit der Selma schließlich sogar einen antarktischen Guinness/-Rekord) haben uns nun bis 64 Grad Süd gebracht zur Schneehügelinsel (Snow Hill Island) südlich von James-Ross-Island, dessen Umrundung wir versuchen möchten.

Und nun sitze ich hier und halte Ankerwache, die eigentlich gar keine ist, denn der Anker ist an Deck und wir sind stattdessen mit einem Seil an einem Eisberg befestigt, welcher vor der Küste am Grund festhängt. Ab und an braucht es einen Impuls mit der Stange wenn das Boot zu nahe ans Eis treibt, um es wieder etwas weg zu schieben

Es ist fast windstill, das Meer spiegelglatt, so wie gestern auch schon den ganzen Tag. Langsam wird es hell, der Himmel färbt sich rosa. Noch ist es ruhig an Bord, bald wird das geschäftige Treiben wieder beginnen, wir werden umeinander herumwuseln auf engem Raum und gleichzeitig die unfassbare Weite dieser antarktischen Welt genießen.

Ich freue mich sehr auf diesen Tag und bin gespannt, was er heute für uns bereithält. Es wird wieder großartig sein, unerwartet und atemberaubend schön, da bin ich mir sicher.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert