Westküste — Cape Renard

Am nächsten Morgen brechen wir auf, wir wollen weiter auf dem Weg nach Süden. Die argentinische Station Almirante Braun lassen wir schnell im Kielwasser zurück. Noch ist es grau und trüb, aber im Ferguson Channel kommt die Sonne raus. Und bald haben wir auch gute 20 Knoten Wind aus SW. Wir setzen die Segel und die Selma ist in ihrem Element. Zwischen der Halbinsel und Wiencke Island genießen wir das Segeln und kreuzen uns Wende für Wende nach Süden. Endlich haben wir mal Gelegenheit, dies bei guten Bedingungen und halbwegs ohne permanente Eis Kollisions Gefahr zu üben. Es macht einen Heidenspaß. Wir segeln in die Flanders Bay und dann westwärts zum Cape Renard. Der Wind nimmt ab, das Eis zu. Wir tauschen die Segel gegen Mr. Perkins, fahren wieder Slalom und bestaunen die unzähligen Eisgebilde und Eisberge um uns herum – einer schöner als der andere, Blautöne, die so tief sind, dass man darin versinken mag.

Am Cape Renard wird die unendlich schöne Szenerie komplettiert durch zackige, alpine Gipfel und Gletscher, ein paar wenige Pinguine und die ein oder andere Weddellrobbe und Leopardenrobbe auf einer vorbeitreibenden Scholle. Mit dem Zodiac fahren wir später noch durch ein Labyrinth aus dichtem und bewegten Eis, um uns die Robben ganz aus der Nähe anzuschauen. Die Mühe wird belohnt – obwohl gemütlich vor sich hin dösend, nehmen sie Notiz von uns, heben immerhin ihre Köpfe und würdigen uns eines kurzen Blickes, bevor sie wieder ihre gemütliche Schlummerpose einnehmen.

Cape Renard bleibt unser Ankerplatz für die Nacht. Die Sonne macht langsam der Dämmerung Platz, die Wolken am Himmel glühen in dramatischem orangegold über den Gipfeln.

So ruhig und schön der Abend ausklingt, so anstrengend wird leider die Nacht. Die Kombination aus viel Eis, viel Strömung in der Bucht, Tide und immer wieder drehendem Wind hält die Eiswache permanent auf Trab. Eisberge kommen herein, und kaum dass man sie an der Selma vorbei gelotst hat, dreht der Wind und / oder ändert sich die Strömung und sie treiben zurück und erneut auf uns zu. Wir konzentrieren uns nur noch auf die größeren Brocken. Im fünf Minuten Takt wird die Stange bemüht und werden Schollen und Bergy Bits versucht, auf Abstand zu halten. Bei derart starker Strömung und Geschwindigkeit des Eises klappt das nicht immer. Und ab einer gewissen Größe hat Mensch sowieso das Nachsehen. Dann müssen Skipper und Mr. Perkins in Personalunion ran. Viel Schlaf kommt dabei nicht herum, weder an Deck, noch in den Kojen, in denen das andauernde Gerumpel an Deck und entlang der Bordwand so manchem den Schlaf raubt.

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