Port Lockroy

Sightseeing

Unterwegs von Vernadsky Station nach Norden passieren wir die Nordwestküste der Antarktischen Halbinsel und damit den Teil, der am häufigsten von Antarktis Touristen angelaufen wird. Gut erreichbar, im Sommer meist eisfrei, nur die Drake Passage muss auf dem Weg von Ushuaia aus hierher passiert werden. Die Zahl der Expeditionskreuzfahrtschiffe ist wie die Zahl der Touristen in den vergangenen Jahren extrem angestiegen, entsprechend häufen sich die Anlandungen an besonders beliebten, leicht zugänglichen Orten. Es gibt strikte Zeitpläne, enge Zeitfenster, jede einzelne Anlandung muss vorab angemeldet und gebucht werden.

Wir waren die letzten Wochen glücklicherweise meist in abgelegenen Gegenden unterwegs, im Weddell Meer oder weit im Süden. Erst hier an der Westküste, rund um den Lemaire Kanal, haben wir ab und an einen Cruiser gesichtet. Doch jetzt neigt sich die Saison dem Ende, der Antarktische Sommer weicht bereits dem Herbst, viele Schiffe sind bereits zurück im Norden, selbst die viel besuchten Orte wieder einsam und verwaist.

So haben und nutzen auch wir auf unserem Weg die Gelegenheit, einige der touristischen Hot Spots anzulaufen und haben die letzten Tage sozusagen ein wenig Sightseeing an der Nordwestküste betrieben.

Port Lockroy

Am Mittwoch haben wir Vernadsky verlassen und ein zweites Mal den Lemaire Channel, diesmal nordwärts, passiert. Es wird Herbst, die Einfahrt war eisig. Wale haben uns begleitet, auf der Nordseite empfing uns kalter Wind mit 25 Knoten aus Nord und eine kräftige Welle auf die Nase.

Port Lockroy liegt an der Westküste von Wiencke Island im Palmer Archipel. Der Naturhafen wurde von der vierten französischen Antarktisexpedition (1904-1905) unter Leitung des Polarforschers Jean-Baptiste Charcot entdeckt und diente später dem Walfang. Auf der benachbarten Goudier Insel wurde bis 1962 die britische Forschungsstation A betrieben. In den neunziger Jahren renoviert wird sie heute als Museum samt Souvenirshop genutzt. Außerdem befindet sich hier das südlichste Postamt der Welt. Dies macht Port Lockroy zu einem der beliebtesten Ziele für Antarktis-Kreuzfahrtschiffe. Doch die Saison ist fast beendet und wir sind allein in Port Lockroy.

Fast: Auf der Insel lebt eine größere Kolonie Gentoo Pinguine (Eselspinguine). Auch die Station / das Museum ist noch besetzt, obwohl seit geraumer Zeit aufgrund der Vogelgrippe geschlossen und für Besucher nicht zugänglich. Wir kontaktieren die Station, erfahren, dass wir gern Post aufgeben können, wenn wir wollen. Allerdings würde diese erst Anfang der kommenden Saison abgefertigt und via Falklands versendet werden können, da die Abreise der Mitarbeiterinnen unmittelbar bevorsteht.

Die Idee, in gut einem Jahr unsere Lieben daheim mit einer Postkarte aus der Antarktis zu überraschen oder selbst eine zu bekommen (so diese denn ankommen sollte), gefällt uns. Wir können zwar keine im ansässigen Souvenirshop kaufen, aber auf der Selma finden sich noch ein paar. Wir schreiben fleißig an Familien, Freunde, einander … , sammeln britische Pfund fürs Porto und übergeben später der Station per Dinghi unsere Post.

Pinguine und Walknochen

Die Pinguinkolonie tummelt sich in unmittelbarer Nachbarschaft am Jougla-Point, einer felsigen Halbinsel. Inmitten der Kolonie liegen Unmengen an Walknochen, die vor vielen Jahren Jacques-Yves Cousteau hier zu einem nahezu vollständigen Skelett zusammengetragen hat. Überbleibsel der Walfangzeiten in dieser Bucht. In der Kolonie herrscht wie immer geschäftiges Treiben. Küken im Wechsel vom flauschigen Kinderflaum zum Federkleid der Erwachsenen jagen hinter ihren Eltern her, fordern mit Nachdruck eine Mahlzeit nach der anderen ein. Wieder und wieder wechselt eine grosse Portion zuvor gefangener Krill vom Schnabel der Eltern in den ihres Kükens.

Pinguine stehen reglos, manche zerzaust und geduldig ihre Mauser ertragend, auf den Felsen. Andere wandern von hier nach dort, einem sich dem Betrachter nicht immer erschliessenden Plan oder Ziel folgend. Unsere Anwesenheit scheint sie nicht sonderlich zu beeindrucken – wahrscheinlich sind sie hier ganz andere Menschenmengen gewohnt.

Der Wind frischt auf, wir machen uns auf den Rückweg zur Selma. Das Ablegen mit dem Dinghi zwischen den vielen Felsen bei auflandigem Wind gelingt erst nach mehreren Versuchen.

Am nächsten Morgen geht es weiter, es ist grau und kalt. Auf leichten Niesel folgen einige Sonnenlöcher, die in der Ferne treibende Eisberge auf dem dunkelgrauen Wasser zum glitzern oder leuchten bringen. Aufkommender Wind lässt die Hoffnung aufkeimen, Segel setzen zu können, doch er schläft wieder ein. Nebel zieht auf, bei spiegelglatter See sehen wir leider wenig von der spektakulären Kulisse des Neumayer Kanals. Später, in der Gerlache Strait, treffen wir wieder auf Wale. Überall, wohin man schaut. Schlafende, wandernde, jagende, fressende Wale. Fern, nah, ganz nah, direkt neben der Selma. Diese Begegnungen, die Geräusche sind immer wieder zutiefst beeindruckend.

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